Portrait

Auswahl aus den zahlreichen Veröffentlichungen über Mary Baker EddyAls Gründerin einer inzwischen weltweit etablierten christlichen Religion, Autorin, Heilerin und führende Denkerin ihrer Zeit erweckt Mary Baker Eddy (1821-1910) immer wieder aufs Neue Interesse.

Mary Baker Eddy wuchs in einer strenggläubigen Familie im amerikanischen Bundesstaat New Hampshire auf. Obwohl sie den großen protestantischen Geistlichen ihrer Kindheit zeitlebens Hochachtung entgegenbrachte, regte sich früh ihre intuitive Rebellion gegen die calvinistische Prädestinationslehre (Lehre von der Vorherbestimmung des Menschen zur ewigen Seligkeit oder zur Verdammnis durch Gott) ebenso wie gegen die in der christlichen Kirche allgemein gebilligte Resignation vor der Existenz des Bösen. Sie hatte eine tiefe Liebe zur Bibel, die sie beständig studierte und in der sie immer wieder Trost und Linderung fand.

Wegen ihrer langjährigen schlechten Gesundheit war sie häufig in ärztlicher Behandlung. Auf der Suche nach Gesundheit wandte sie sich an die verschiedensten Heilmethoden, wobei die Homöopathie und der Quimbyismus ihre besondere Aufmerksamkeit erweckten. Später schrieb sie über die Homöopathie:

"Die Metaphysik, wie Christian Science sie lehrt, ist der nächste eindrucksvolle Schritt über die Homöopathie hinaus. In der Metaphysik verschwindet die Materie vollständig aus dem Heilmittel und GEMÜT* nimmt seinen rechtmäßigen und über allem stehenden Platz ein."
(Mary Baker Eddy: Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 156)

* In der deutschen Übersetzung werden das Wort GOTT und Mary Baker Eddys Synonyme für GOTT (PRINZIP, GEMÜT [englisch MIND], SEELE, GEIST, LEBEN, WAHRHEIT, LIEBE) durch Großschreibung hervorgehoben.

Ganz entgegengesetzt entwickelte sich ihre spätere Einstellung zum Quimbyismus. Phineas Parkhurst Quimby war ein mentaler Heiler in Portland, Maine (USA), dessen Behandlungsmethoden eine Abwandlung des Hypnotismus Franz Anton Messmers darstellten. Während ihrer etwa dreijährigen Bekanntschaft fand ein reger Gedankenaustausch statt.

Mary Baker Eddy ca. 1882. © 1974 Longyear Museum, Chestnut Hill, mit freundlicher GenehmigungMary Baker Eddy fand vorübergehende Erleichterung ihrer Beschwerden, war aber vor allem von Quimbys Hypothesen fasziniert, seine Heilmethode sei dieselbe wie die von Jesus und Krankheit beruhe auf vom Patienten gehegten falschen Anschauungen. Das kam ihrer eigenen Erwartung an die heilende Botschaft der Bibel ebenso wie den Erfahrungen aus ihren homöopathischen Experimenten entgegen.

Erst später konnte sie den radikalen Unterschied zwischen christlichem Heilen durch ein klareres Erkennen des Menschen als Widerspiegelung Gottes und sogenanntem mentalen Heilen durch suggestive Beeinflussung erklären. In ihrem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft verbindet sie den Versuch, durch menschliche Mentalität zu heilen, mit dem Glauben an esoterische Magie. Sie verwirft die ganze Bandbreite dieser Praxis und folgert:

"Jeder Versuch, die Sterblichen durch das irrende sterbliche Gemüt zu heilen, statt sich auf die Allmacht des göttlichen GEMÜTS zu verlassen, muss fehlschlagen."
(Mary Baker Eddy: Wissenschaft und Gesundheit, S. 459)

Seiten aus Mary Baker Eddys Manuskript zum 1. Kapitel Mose. The Mary Baker Eddy Library mit freundlicher Genehmigung1866 erlebte sie eine plötzliche Heilung von einer schweren Verletzung nach einem Sturz auf eisglatter Straße. Auf diese sie tief bewegende Erfahrung führte sie seitdem ihre Entdeckung der Christlichen Wissenschaft zurück. Was sie in einem Augenblick der Offenbarung erkannte, zog Jahre des Nachsinnens und des intensiven Bibelstudiums nach sich, um das geistige Neuland, das sie betreten hatte, zu erforschen. Sie hatte die Gewissheit, den "Tröster" gefunden zu haben, den Jesus prophezeite:

"Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe."
(Johannes 14: 26)

Zu dieser Zeit begann sie auch, andere durch Gebet zu heilen, darunter schwerste und von Ärzten aufgegebene Fälle. Heilungen betrachtete sie als den notwendigen Praxistest für die Richtigkeit ihrer Lehre. Ein anderer wichtiger Beweis lag darin, dass diese Fähigkeit von jedem, der sich aufrichtig darum bemühte, erlernt werden konnte. Die Zahl ihrer Schüler wuchs beständig.

Bibel und Lehrbuch mit Christian Science Vierteljahresheft, zum Studium der Bibellektionen1875 erschien ihr Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit, dessen Titel später um den Zusatz mit Schlüssel zur Heiligen Schrift erweitert wurde. (Es liegt inzwischen in 16 Sprachen und auf englisch auch in Blindenschrift vor.) Mary Baker Eddy war bewusst, dass die Ideen dieses Buches göttlichen Ursprungs sind, aber vor ihr lag die große Aufgabe, sie allen Menschen zu allen Zeiten authentisch zugänglich zu machen.

Sie gründete ihre Kirche als eine Laienkirche, in der die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit die Aufgabe des Pastors übernehmen. Anhand der von Der Mutterkirche - The First Church of Christ, Scientist, in Boston - zentral herausgegebenen Bibellektionen führte sie das tägliche Studium dieser beiden Bücher ein. Sie lassen das eigene Leben ebenso wie globale Ereignisse im Kontext von Gottes Wort erscheinen.

Mary Baker Eddy gab Christlichen Wissenschaftern die Möglichkeit, an einem zweiwöchigen intensiven Studium ihrer Religion bei einem ausgebildeten Lehrer teilzunehmen, das sie befähigen sollte, selbst heilend tätig zu werden. Sie gehören danach der Schülervereinigung dieses Lehrers an, um die Erinnerung an das Gelernte wach zu halten und zu vertiefen.

Die Erstausgabe des Journal of Christian Science, 14. April 18831881 eröffnete sie das Massachusetts Metaphysical College (das erste und einzige College seiner Art), das Lehrer der Christlichen Wissenschaft ausbildete - eine Aufgabe, die später dem Unterrichtsrat Der Mutterkirche übertragen wurde.

Die Organisation und Mission ihrer Kirche legte sie dauerhaft im Handbuch Der Mutterkirche fest. Es bindet die Mitglieder an christliche Disziplin, beschreibt die Einrichtungen und Aufgaben Der Mutterkirche und ihrer Zweige und regelt das Miteinander auf allen Ebenen. Für Entscheidungen und Wahlen in den Zweigkirchen sieht es den Weg der demokratischen Abstimmung vor, während Die Mutterkirche durch einen Vorstand mit weitgehenden Kompetenzen vertreten wird.

Frühe Ausgabe des Christian Science Sentinel1883 gründete sie die erste Zeitschrift ihrer Bewegung das Journal of Christian Science. Es folgten zwei weitere Zeitschriften, zuerst der Christian Science Sentinel und 1903 als erste fremdsprachige Ausgabe Der Herold der Christian Science.

Im gleichen Jahr bat Mary Baker Eddy ihre Anhänger, die ihr gegenüber gerne verwendete Bezeichnung "Mutter" abzulegen und sie stattdessen "Führerin" zu nennen, - nicht weil sie die persönliche Kontrolle ihrer Kirche oder Anhänger anstrebte, sondern um ihre bleibende geistige Führerschaft durch ihre Schriften hervorzuheben.

Mary Baker Eddys ganzes Vorgehen in ihren letzten Lebensjahren zeigt, wie sehr ihr die Zukunft und Reichweite ihrer Kirche am Herzen lagen, - einer Kirche, die für die universalen Menschenrechte und das allgemeine Wohl aller Menschen eintritt.

Die erste Ausgabe des Christian Science Monitors, 23. November 1908Im Alter von 87 Jahren gründete sie die Tageszeitung The Christian Science Monitor. Sie hatte bereits in ihrem Lehrbuch zu Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau, alten und neuen Formen der Sklaverei, Moral und Abstinenz von Tabak und Alkohol Stellung genommen. Das soziale, politische und kulturelle Geschehen interessierte sie ebenso wie Aspekte der Ethik. Sie erkannte dabei das Potential der Christlichen Wissenschaft, den Standard des Denkens und Handelns zu heben. Der konstruktive Journalismus des Monitors schärft das Bewusstsein für die Bedürfnisse der Welt und erweitert allen, die für die Welt beten wollen oder geistige Perspektiven schätzen, den Horizont. (Er erhielt bisher sieben Pulitzerpreise, die letzten beiden 1996 für die internationale Berichterstattung und 2002 für seine Karikaturen.)

Mary Baker Eddy entwarf ihre Kirche nicht "auf dem Reißbrett". Jeder neuen Phase gingen Schicksalsschläge, innere Kämpfe, Intrigen oder Gerichtsverfahren voraus, die den Verlust ihrer Mission oder den Untergang der Christlichen Wissenschaft hätten bedeuten können. Jede Regel und jede Einrichtung dieser Kirche trägt daher eine besondere Botschaft oder Bestimmung in sich, und alle zusammen machen die unteilbare Vollständigkeit der Christlichen Wissenschaft aus. Mary Baker Eddy verlieh dem Christentum neue Autorität, den Themen der Zeit zu begegnen.


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